Neben den erst vor Kurzem veröffentlichten Prognosen zur Quanten-Hardware Entwicklung von IBM und Google, kündigte das Unternehmen IonQ Anfang Oktober an, dass ihr Quantenrechner der (momentan) stärkste der Welt sei. Diese Aussage fußt auf der von IBM vorgeschlagenen Metrik des sogenannten Quanten-Volumens, welche neben der reinen Qubit-Anzahl auch Faktoren wie Fehlerresistenz und Verschränkungsvermögen berücksichtigt. Während Firmen wie IBM und Honeywell im Laufe dieses Jahres bei ihren Rechnern ein Quantenvolumen von 64 verkünden konnten (und IBM seit Anfang Dezember sogar eines von 128), prognostizierte IonQ auf Grundlage der Parameter ihrer Quantencomputer-Architektur ein Quantenvolumen von über 4 Millionen. Diese Aussage war für uns Grund genug, die Unterschiede der Qubit-Architekturen genauer herauszuarbeiten.
(Quelle: http://iontrap.umd.edu/2017/05/13/ions-vs-superconductors-quantum-connections/)
Sowohl IBM, als auch IonQ verfolgen das Ziel eines universellen Quantencomputers, gehen jedoch grundsätzlich anders an die physikalische Implementierung eines Qubits heran: Während IBM mit supraleitender Technologie (Stichwort: Transmon-Qubits) arbeitet, werden Qubits bei IonQ mit Hilfe von Ionenfallen verwirklicht. Bei Ionenfallen handelt es sich um elektromagnetische Felder, die geladene Teilchen (Ionen) räumlich fixieren können, was wiederum deren kontrollierte Manipulation erlaubt. Bei den meisten Ionenfallen-Rechnern werden wegen ihrer dafür geeigneten physikalischen Eigenschaften Ytterbium-Atome verwendet, bei denen ein Elektron entfernt wurde, wodurch sie positiv geladen und somit Ionen sind. Das eigentliche Qubit sind dann zwei verschiedene Energie-Level des Ions, zwischen denen mit der Hilfe von Lasern geschaltet werden kann. Bei der Messung der Zustände leuchten dann die Ionen, die auf dem höheren Energie-Niveau (Zustand 1) waren, während es die Ionen im niedrigeren Niveau (Zustand 0) nicht tun.
Eine praktische Vergleichbarkeit der Architekturen existiert jedoch bis jetzt auch trotz der Messung in Quantenvolumen nicht. Bis dahin lassen sich die Vor- und Nachteile der Herangehensweisen nur auf dem Papier betrachten: Insbesondere Koheränz- und Gatezeiten verhalten sich diametral; während ein supraleitender Rechner Gatezeiten im Nanosekundenbereich aufweist, erreichen Ionenfallen „nur“ Mikrosekunden. Durch schnellere Gatezeiten wird die Geschwindigkeit der Algorithmen ausgedrückt und scheinen daher aktuell den supraleitenden Quantencomputer besser erscheinen. Im Gegensatz dazu können Ionenfallenrechner bei den Kohärenzzeiten, die die Dauer der stabilen Lage eines Quantencomputers ausdrücken, glänzen (ca. einige Sekunden). Supraleitende Quantencomputer weisen aktuell eine Koheränzzeit von Mikrosekunden auf. Dieser Vergleich kann als Hinweis interpretiert werden, dass Ionenfallen-basierte Architekturen im aktuellen Baustadium längere, komplexere Algorithmen besser vertragen. Abschließend sind auch noch die Umgebungen dieser Architekturen zu beachten: So ist beispielsweise die energieintensive Kühlung von supraleitenden Quantencomputer ein wichtiger Faktor, da hierfür der Rechner auf nahezu den absoluten Nullpunkt (-273,15 °C) gekühlt werden muss.
Ein abschließendes Urteil ist also noch gar nicht möglich, sehr viel mehr gilt es diese beiden, sowie weitere spannende, Entwicklungsansätze genauestens weiter zu verfolgen.